Interdisziplinäres Darmzentrum

Die Divertikulose ist eine weit verbreitete, gutartige Veränderung des Dickdarms in Form von Ausstülpungen der Darmwand. Dabei handelt es sich
bei den Divertikeln des Dickdarmes um so genannte Pseudodovertikel, da sich hier im Gegensatz zu den echten Divertikeln nur die Schleimhaut
und nicht die ganze Darmwand ausstülpt. Eine spontane Rückbildung dieser Aussackungen der Darmwand ist nicht möglich. Divertikel sind bei
jedem zweiten über 70-jährigen Menschen vor allem am Übergang vom Dick- zum Enddarm anzutreffen.
Wie entstehen Divertikel?
Die genaue Ursache der Divertikulose ist bislang ungeklärt. Gehäuft treten Divertikel bei Menschen mit chronischer Obstipation, ballaststoffarmer
Ernährung, Übergewicht und Bindegewebsschwäche auf. Wahrscheinlich führt dabei der erhöhten Druck im Darm an vorhandenen Schwachstellen der
Darmwand, insbesondere den Eintrittsstellen von Blutgefässen, zu den Darmwandaussackungen. Somit treten Divertikel mit zunehmendem Alter
gehäuft auf. Zudem besteht eine familiäre Disposition.
Wo treten die Divertikel am häufigsten auf?
Am häufigsten treten Divertikel im Sigma (80%) auf, allerdings kann die Erkrankung auch in anderen Anteilen des Dickdarms vorkommen. Selten ist
sogar der gesamte Dickdarm betroffen.
Was für Beschwerden treten auf?
Das reine Vorhandensein von Darmdivertikeln (Divertikulose) ist harmlos und macht keine Beschwerden. Die meisten Betroffenen erfahren von
dieser Veränderung im Dickdarm häufig nur zufällig im Rahmen einer Darmvorsorgeuntersuchung (Koloskopie).
Beschwerden treten vielmehr nur bei einer Entzündung der Divertikel auf. Dies nennt man dann Divertikulitis. Die Entzündung kann durch
Kotbestandteile entstehen, die sich in den Ausstülpungen festsetzen. Häufigstes Symptom der Divertikulitis sind dabei Schmerzen im
betroffenen Bauchbereich, also insbesondere im linken Unterbauch bei einer Sigmadivertikulitis. Oft tritt zusätzlich ein Stuhlverhalt
(Obstipation) und Fieber ein. Außerdem sind die weißen Blutkörperchen erhöht. Schwere Entzündungen können zum Platzen der Divertikel und
damit zur Eröffnung des Darmes (Darmperforation) führen. Bei einer gedeckten Perforation bildet sich dabei ein dem Darm benachbarter Abszess
aus, eine freie Perforation führt hingegen zum Austreten von Stuhl und Luft in den gesamten Bauchraum mit entsprechend schwerem Krankheitsbild.
Es kann zur Blutvergiftung (Sepsis) kommen.
Als Folge wiederholter Entzündungen in einem Darmbereich kann es zudem zu einer narbigen Schrumpfung des Darmes mit entsprechender Engstelle
(Stenose) kommen, die den Transport des Stuhlganges im Sinne einer chronischen Verstopfung (Obstipation) beeinträchtigt und bis hin zum
Darmverschluss führen kann.
Da die Divertikel im Bereich des Durchtrittes von Blutgefäßen durch die Darmwand liegen, kann es außerdem zur Eröffnung von Blutgefäßen
und damit zu Blutung aus dem Darm kommen.
Wie behandelt man die Erkrankung?
Solange eine Divertikulose keine Beschwerden verursacht, ist keine Behandlung notwendig. Ob man einer Divertikulose oder gar einer
Divertikulitis vorbeugen kann, ist nicht gesichert. Prinzipiell ist jedoch eine Nahrungsumstellung auf faserreiche, ballaststoffreiche
und nicht blähende Kost mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr zu empfehlen. Dadurch wird der Stuhl weicher und kann den Darm einfacher
passieren.
Bauchschmerzen, akute oder chronische Obstipationsbeschwerden und natürlich auch eine Darmblutung sollten jedoch zu einer Vorstellung beim
Arzt führen.
Eine akute Divertikelentzündung (Divertikulitis) ohne Perforation, Stenose oder Blutung wird zunächst medikamentös (nicht-operativ)
behandelt. Dabei wird mittels Antibiotika-Gabe die Entzündung des Dickdarms und des umgebenden Gewebes zurückgedrängt. Zudem wird die
Behandlung mit einer Diät, die in den ersten Tagen nur aus flüssiger Kost besteht, sowie mit Schmerzmittelgabe ergänzt. Auch wenn die
Beschwerden zurückgehen, sollte im Anschluss an die akute Entzündung der Darm mittels Darmspiegelung und/oder Röntgenuntersuchung
abgeklärt werden. Hierbei sind insbesondere der Ausschluss einer relevanten Verengung des Darmes sowie der Nachweis der genauen
Ausdehnung der Divertikelerkrankung entscheidend. Durch eine Darmspiegelung kann der Darm zudem auf das mögliche gleichzeitige Vorliegen
von Darmpolypen oder gar eines Darmkrebs abgeklärt werden.
Bei wiederholten oder schweren Divertikelentzündungen (rezidivierende Divertikulitiden) ist eine elektive Operation zu empfehlen, da
die Erkrankung bei immer wiederkehrenden Entzündungen schwerer verlaufen kann. Nicht selten kommt es nach wiederholten Entzündungen zu
einer Engstelle des Darmes, und auch das Risiko von Darmperforation und Darmblutung nimmt möglicherweise zu.
Wir empfehlen bei jungen oder immungeschwächten Menschen die Operation nach ausbehandeltem erstem Entzündungsschub, da anzunehmen ist,
dass weitere Entzündungen folgen und Komplikationen auftreten werden. Diese Komplikationen lassen sich nur vermeiden, wenn der
divertikeltragende Darmanteil rechtzeitig und geplant entfernt wird. Bei älteren Patienten sollte man das Lebensalter und die bereits
bestehenden Nebenerkrankungen bei der Indikationsstellung zur Operation zusätzlich zur Häufigkeit des Auftretens und zur Schwere der
Krankheitsschübe beachten. Schließlich handelt es sich nicht um eine bösartige Erkrankung. Eine elektive Operation ist frei planbar,
wird am beschwerdefreien Patienten ohne aktuelle Darmentzündung durchgeführt und birgt somit das geringste Risiko. Meist erfolgt die
Operation nach dem zweiten Schub der Erkrankung.
Kommt es bei einer schweren Entzündung zur Darmperforation oder zum kompletten Darmverschluss, muss eine Operation jedoch sofort
notfallmäßig erfolgen.
Darmblutungen werden zunächst mittels Darmspiegelung (Koloskopie) lokalisiert und gestillt. Eine notfallmässige Operation ist bei einer
Darmblutung nur dann erforderlich, wenn diese koloskopisch nicht beherrschbar ist.
Wie sieht die Operationstechnik aus?
Die elektive Operation entfernt den divertikeltragenden Darmabschnitt, meist das Sigma. Die Darmenden werden wieder vereinigt, so dass
eine normale Stuhlpassage möglich ist. Liegen keine Kontraindikationen vor, wird diese Operation heutzutage minimal-invasiv (laparoskopisch),
d.h. mit der Kameratechnik, durchgeführt. Eine künstlicher Darmausgang ist bei einer geplanten Operation nicht notwendig. Bei
Notfalloperazionen wird meist vorübergehend ein künstlicher Darmausgang angelegt. Dieser kann etwa 3 Monate nach der Operation wieder
zurückverlagert werden.
Auch bei der notfallmäßigen Operation wird der divertikeltragenden Darmabschnitt entfernt. Das perioperative Risiko sowie die
Wahrscheinlichkeit, dass vorübergehend ein künstlicher Darmausgang angelegt werden muss, sind jedoch im Vergleich zur elektiven
Operation deutlich erhöht. Dies ist ein weiterer Grund, warum bei rezidivierenden Divertikulitiden, (noch) kompensierter Darmstenose
oder beherrschter Darmblutung eine elektive Operation empfohlen wird, und nicht auf das nächste Krankheitsereignis mit dann eventuell
erforderlicher notfallmässiger Operation gewartet wird.